Essai
Nouvelle parution
Michael Sethe, W.G. Sebald und die Melancholie

Michael Sethe, W.G. Sebald und die Melancholie

Publié le par Marc Escola (Source : Karin Becker)

Von der Forschung ist häufig übersehen worden, daß Sebald darauf hingewiesen hat, daß er Anhänger archaischer Denkweisen sei. Die Arbeit untersucht, worauf diese Denkweisen abzielen, und kommt zu dem Schluß, daß Sebald einer Realitätsauffassung anhing, die archaisch und mit der heutigen, nachsokratischen Realitätsauffassung nicht vereinbar ist. Sie ist kulturell mit der Melancholie überliefert worden. Die Untersuchung zeigt die Konsequenzen für sein Schreiben und sein Erzählen auf, insbesondere hinsichtlich der Trennung von Autor, Erzähler und Leser. 

INHALT

1 Sebald und die Melancholie: Einführung und Problemstellung 
1.1 Die Erfindung des Holocaustautors Sebald 
1.2 Das Problem der unterschiedlichen Editionen 

2 Die Melancholie 
2.1 Die Ursprünge der archaischen Melancholie 
2.2 Das Problem der Komplexität des Begriffs 

3 Die Historie der Melancholie 
3.1 Die Bezeichnung der Krankheit ‚Melancholie‘
3.2 Das Viererschema der Humoralpathologie und seine Beziehung zu den Wurzeln der griechischen Philosophie 
3.3 Die Pythagoreer 
3.4 Der Weg zur Viersäftelehre
3.5 Die Humoralpathologie als Konstrukt 
3.6 Das Strukturelle der griechischen Melancholie und seine Folgen 
3.7 Der positive Wahn 

4 Vergleich einer inhaltlichen und einer strukturellen Perspektive 
4.1 Die Rezeptionsgeschichte der Humoralpathologie 
4.2 Astrologische Auskleidung der Melancholie
4.3 Kosmologische Ausprägung 
4.4 Der griechische Götterhimmel als Quelle astrologischer Betrachtung 
4.5 Kronos und der Zusammenhang von Entmächtigung und Tod 
4.6 Der Planet Saturn 
4.7 Das goldene Zeitalter 
4.8 Die Acedia als Melancholie des Mittelalters 
4.9 Barock und Vanitas 

5 Theoretische Fragmente als Konsequenz der Melancholie 
5.1 Die Melancholie als Geburtshelfer einer alternativen Unordnung 
5.2 Ordnung und Unordnung als Auswirkung des Strukturellen 
5.3 Die griechischen Götter 
5.4 Weitere Konsequenzen des neuen Weltbildes 
5.5 Die Hereinnahme der Dialektik 
5.6 Sebald und Adorno 
5.7 Die negative Dialektik und ihre literarische Umsetzung 
5.8 Der Unterschied zwischen Philosophie und Literatur 

6 Das literarische Subjekt 
6.1 Die subjektive Realität des Individuums 
6.2 Die Erinnerung als Erzeugung von Identität 
6.3 Die Erinnerung bei Leibniz 
6.4 Weitere Konsequenzen der negativen Dialektik Adornos
6.5 Adorno und Sebald: Philosophie und literarische Realität 
6.6 Unsagbarkeit 
6.7 Sprache: Individualität und Zugriff 
6.8 Identität und Wahrheit 
6.9 Der Negativismus 

7 Die Sicht auf die Kunst 
7.1 Die Kunst und das Sichtbarmachen der anderen Realität
7.2 Der Gedanke der nicht erfaßbaren Wahrheit außerhalb der Negativen Dialektik Adornos
7.3 Die Identität 
7.4 Regression 
7.5 Auswirkungen der Frankfurter Schule 
7.6 Ausbau der Humoralpathologie in der Rezeption 
7.7 Die Funktionalität des Individuums und seiner Psyche 

8 Raum und Zeit 
8.1 Zeit- und Raumvorstellung als Handreichung der narratologischen Zweiweltigkeit 
8.2 Raum und Zeit 
8.3 Die Zeit bei Sebald 
8.4 Der Spezialfall des Augenblicks und des Plötzlichen 
8.5 Augustinus: Rückbindung der Zeit an die Psyche 
8.6 Konsequenzen für das Schreiben 
8.7 Inszenierung der Zeit 
8.8 Renaissance und Folgende 
8.9 Bergson 

9 Die Melancholie in der Moderne 
9.1 Hinwendung zur Moderne 
9.2 Die Zeit bei Benjamin: Gegenwart und Geschichte
9.3 Verlust der Erfahrung 
9.4 Benjamins Begriff der Erfahrung 
9.5 Konkrete Umsetzung des Zugriffs auf die Vergangenheit bei Sebald 
9.6 Der Kunstcharakter des literarischen Textes 

10 Figuration der Melancholie im Erzählen: Inszenierungen 
10.1 Der Garten und das Grün-weiße 
10.2 Die Abbildung 
10.3 Photos der Vergangenheit 
10.4 Errichtung einer Literatur 
10.5 Der Versuch der Autonomisierung der Literatur 
10.6 Das Konzept der „absoluten Literatur“ 
10.7 Der Deterritorialisierte 
10.8 Die Ausgewanderten in LiL 
10.9 Das Auswandern bei Gerhard Roth als Blick der Literatur auf die Realität 
10.10 Prostitution und vorgeschichtlicher Zustand 
10.11 Beispiele für die Umsetzung des Abstraktionsprozesses 
10.12 Phantastische Literatur 
10.13 Skizzierung und Zusammenfassung der Weltsicht Sebalds 

11 Das Erzählen 
11.1 Die Lebensrealität und die integriert-antagonistische Wirklichkeit 
11.2 Die Diskussion der Melancholie
11.3 Melancholie in der Literatur 
11.4 Das Problem der Darstellung allgemein 
11.5 Ikonographische Darstellung der Melancholie 
11.6 Die Wirkung der Deckungsgleichheit von Beschreibung und Gegenstand 
11.7 Beschreibung und Gegenstand 
11.8 Konsequenzen der melancholischen Selbstreflexivität 
11.9 Relationales Element und Subjektivität 
11.10 Literatur und Philosophie im archaischen Griechenland 
11.11 Sebalds Konstruktion der Realität 
11.12 Vorläufiges Fazit: Bilder und Brüche der Melancholie 
11.13 Die melancholische Realität als Erzählwirklichkeit 
11.14 Konsequenzen der Melancholie für eine Literatur der Moderne 
11.15 Die Grübelei als prinzipielles Hinterfragen: Denkfigur und Kompositionsprinzip 
11.16 Literarische Bausteine 
11.17 Fluchtreflex der literarischen Protagonisten 
11.18 Die Darstellung des Gesamten 
11.19 Die melancholische Alltagsrealität 
11.20 Das Element des Scheiterns als Lebensgefühl
11.21 Distanziertheit und Umsturz 
11.22 Der Bereich auf der Grenze 
11.23 Im Selbst zuhause 
11.24 Die Entgrenzung der Melancholie 
11.25 Die Entgrenzung bei Adorno und Benjamin 
11.26 Die Ausgangslage für Sebalds Literatur 
11.27 Die Selbstreflexivität als Struktur des Literarischen 
11.28 Relationale Ausrichtung der Literatur 
11.29 Die Umsetzung der theoretischen Verhältnisse in Literatur . 
11.30 Die Metabeschreibung als Erzählvorgang des Erinnerns und des Raums 
11.31 Eine dritte, reale Welt aus zwei realistischen . 
11.32 Die Erzählung auf dem Umschlagpunkt, literarischer Raum und Erzählraum 
11.33 Melancholiker und realer Mensch . 
11.34 Der Augenblick, die Jetzt-Zeit, die Strukturlosigkeit . 
11.35 Der Zugriff auf das Unbestimmte des literarischen Kunstwerks im Lichte der Literaturtheorie 
11.36 Die gesellschaftliche Loslösung von Kunst im Lichte der Melancholie 

12 Die Erinnerung 
12.1 Erinnerung und Identität: Unterschiede zwischen Wissenschaft und Literatur 
12.2 Der Rückgriff auf Benjamin und Canetti 
12.3 Die gemeinsame, archaische Grundlage als Auftrag an die Literatur 
12.4 Erinnerung und das Bewußtwerden des eigenen Selbst 
12.5 Der Ausbruch aus dem Diesseits 
12.6 Erinnerung, Vergangenheit und Schreiben am Beispiel der Geschichte um Henri Beyle 
12.7 Die Erzählung um Beyle als Beispiel einer Jenseitsreise  
12.8 Die Derangiertheit des Individuums 
12.9 Der Blick nach drüben und die Erinnerung 
12.10 Aura, Blick 
12.11 Ein Blick auf Benjamin  
12.12 Die prägende Erfahrung, die Erzählrealität und die Existenz in zwei Welten
12.13 Verzicht auf die Festlegung der Erinnerung
12.14 Die Inszenierung des Zugriffs 
12.15 Der Zugriff in der Anmutung 
12.16 Das Schreiben 
12.17 Sebald zu Handke und zur Kunst 
12.18 Aussagen Sebalds zur Kunst 

13 Fazit 

Bibliographie