Essai
Nouvelle parution
Cl. Lieb, Crash. Der Unfall der Moderne

Cl. Lieb, Crash. Der Unfall der Moderne

Publié le par Christof Schöch (Source : aisthesis.de)

Claudia Lieb, Crash. Der Unfall der Moderne. Münster: Aisthesis, Münstersche Arbeiten zur Internationalen Literatur Bd. 3, 2009.

  • ISBN 978-3-89528-705-3
  • 344 pages
  • EUR 34,80

Présentation de l'éditeur

Seit der Antike wird über Unfälle geschrieben, doch der Unfall, den man heute kennt, ist eine Erfindung der Moderne. Recht, Versicherungswesen, Statistik, Medizin und Literatur – das sind die Bereiche, in denen der moderne Unfall Kontur gewinnt.

Das 20. Jahrhundert stellt das Jahrhundert des Automobilunfalls dar. Kraftfahrzeug und Massenmotorisierung prägen die Moderne, und so erlangt der Unfall weithin Prominenz. Als das große Ungewollte besetzt er die Stellen des Bruchs und der Krise, bis sich das Wissen vom Unfall neu ordnet. Um 1900 legt die szientifische Beschreibung den Unfall auf Begriffe der Kalkulation, der Prognostik, des Traumas fest, um die Unwägbarkeit des Ereignisses zu rationalisieren. Zur Risikominimierung entsteht ein komplexer Vor- und Nachsorgeapparat. Die literarische Beschreibung des Unfalls jedoch setzt gegen die Strategien der Regulation den regellosen Charakter des Ereignisses. Als Symbol des Umsturzes und des Einschnitts wird der Unfall zum Signum der experimentellen Literatursprache der Moderne. Er bildet den Anti-Tropus, der sich einer als rückständig verworfenen Literatur widersetzt. Von Marinetti über Kafka bis zu Musil, von Brecht zu Bernhard und Jelinek: Für die Literatur des 20. Jahrhunderts erhält der Unfall als Modell einer Poetik der Moderne Gewicht.


Table des matières

Vorwort

Einsteigen

I. Literatur und Unfall um 1800. Vorindustrielle Kommunikationswege
    1. Verkehr/t: London und Weimar
    2. Unfallphobie: Goethe in Italien
    3. Unfallphilie: Romantische Funktionalisierung bei Kleist, Hoffmann, Arnim

II. Automobil und Unfall um 1900. Diskursgeschichtliche Entschlüsselung des Unfalls
    1. Journalistische Stigmatisierung: Defätismus und Liberalismuskritik
    2. Enzyklopädische Neutralisierung: Sachliche und begriffliche Expansion
    3. Juristische Versprachlichung: Höhere Gewalt und das unabwendbare Ereignis
    4. Versicherungstaktische Entsprachlichung: Risikokalkül und prognostizierbares Ereignis
    5. Medizinische Neologismen: Das traumatische Ereignis und sein Protokoll
    6. Kafka, Freud, Schnitzler: Der Unfall und die traumatische Neurose
    7. Stopp und zurück: Zwischenbilanz

III. Literatur und Autounfall 1900-2000. Ästhetische Verschlüsselung des Unfalls
    1. Bierbaum: Liberalismuskritik als Unfall der Rede
    2. Marinetti: Automobile Apokalypse als literarisches Programm
    3. Kafka: Schreiben als Risikomaximierung und negative Prognostik
    4. Döblin: Unfall im Kinostil als Poetik sinnlosen Erzählens
    5. Musil: Blinder Fleck der Statistik als Poetik unkalkulierbaren Erzählens
    6. Brecht: Das abwendbare Ereignis als Poetik des Dramas
    7. Dorst: Das unprognostizierbare Ereignis als absurdes Drama
    8. Bernhard: Die primitive Sensation als Persiflage modernistischen Erzählens
    9. Jelinek: Inflation des Unfalls als Entwertung des Erzählens

Schrottpresse
Literatur

Sur l'auteur

Claudia Lieb, Studium und Forschung in Münster und Berlin, Promotion 2006, ist Literaturwissenschaftlerin am Germanistischen Institut der Universität Münster.